Seit dem Jahr 2000 gibt es den Internationalen Tag der Muttersprache der UNESCO. Dieser Tag soll an die Förderung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt und der Mehrsprachigkeit erinnern und findet jedes Jahr am 21. Februar statt. Zudem wird auf bedrohte Sprachen aufmerksam gemacht. In Deutschland wird in diesem Jahr auch auf Romanes, die Sprache der Sinti und Roma, hingewiesen.
Über 50 Prozent aller Sprachen vom Aussterben bedroht
Die UNESCO betont dabei, dass über die Hälfte der in aller Welt gesprochenen Sprachen vom Aussterben bedroht sind. Damit will die UNESCO ein Zeichen setzen, dass mit Sprachen mit Blick auf die kulturelle Identität gefördert werden sollten. Der zweite Aspekt dieses Gedenktages ist das Fremdsprachenlernen und Mehrsprachigkeit, was ein wichtiger Beitrag zu gegenseitigem Verständnis und Respekt ist.
Daher weist die UNESCO jedes Jahr auch auf sogenannte Minderheitensprachen hin, die oft von weniger als 10.000 Menschen gesprochen werden. In Deutschland hören beispielsweise Saterfriesisch, Niedersorbisch und Romanes zu den Minderheitensprachen. Saterfriesisch wird in der Nähe von Oldenburg noch von etwa 1.500 bis 2.500 Menschen gesprochen und Niedersorbisch wird in der Niederlausitz in Brandenburg von rund 7.000 Menschen gesprochen.
Diese Sprachen werden oft nicht mehr an Kinder weitergegeben und verlieren so nach und nach weiter an Bedeutung. Sterben die letzten Sprecher, geraten diese Sprachen oft ganz in Vergessenheit. Einige Sprachen, die nur von wenigen Menschen gesprochen werden, sind noch nicht einmal dokumentiert.
Zu den Sprachen, die Jahr für Jahr in Vergessenheit geraten oder vom Aussterben bedroht sind, gehören längst nicht nur die Sprachen indigener Völker, sondern auch europäische Sprachen. Ein Beispiel ist Sami. Sami wird im Norden Skandinaviens und in Teilen Russlands gesprochen und ist die Sprache einer dortigen Minderheit. Eine interessante Übersicht zu bedrohten Sprachen war zum Internationalen Tag der Muttersprache 2021 auch auf Zeit Online zu finden.
Ursprung in Pakistan
Der Tag der Muttersprache hat seinen Ursprung in Pakistan. Dort beschloss die damalige Regierung 1952, dass Urdu die alleinige Amtssprache werden sollte. Urdu wurde zu diesem Zeitpunkt nur von drei Prozent der Menschen als Muttersprache gesprochen. Die Menschen in Ostpakistan sprachen nur Bengalisch. In der Folge gab es Proteste, bei denen am 21. Februar 1952 mehrere Menschen starben. Später spaltete sich Ostpakistan vom Rest des Landes ab und der Staat Bangladesch entstand. Dort ist seit Anfang der 1970er Jahr der 21. Februar der „Tag der Märtyrer“, bzw. der Tag der Muttersprache, ein nationaler Feiertag. 1999 stellte Bangladesch dann einen Antrag bei der UNESCO, die den Tag zum Internationalen Tag der Muttersprache erklärte.
PEN hebt Romanes hervor
Die Autorenvereinigung PEN weist in diesem Jahr anlässlich des Internationalen Tags der Muttersprache besonders auf Romanes, die Sprache der Sinti und Roma, hin. PEN will damit auch auf ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Kulturen in Deutschland aufmerksam manchen. Laut dem UNESCO-Atlas der bedrohten Sprachen wird Romanes als bedroht eingestuft. Sinti und Roma werden in Deutschland seit 1998 gesetzlich als nationale Minderheit anerkannt. In Deutschland leben etwa 70.000 bis 150.000 Sinti und Roma.
Wie viele Sinti und Roma genau in Deutschland leben, ist nur schwer zu sagen und historisch problematisch. Im Nationalsozialismus wurde durch die rassenhygienische Forschungsstelle eine Zählung vorgenommen, auf deren Grundlage die Deportation und der Völkermord an den Sinti und Roma (Porajmos) durchgeführt wurde. Dem Völkermord an den Sinti und Roma fielen mindestens eine halbe Million Menschen zum Opfer.
Sinti, die größte Gruppe der Roma, leben schon seit über 600 Jahren in Deutschland. Ihre Muttersprache ist Romanes, die indogermanische Wurzeln hat und nur mündlich überliefert ist. Eine einheitliche Schriftsprache gibt es bisher nicht. Im Nationalsozialismus wurde in vielen Familien kein Romanes gesprochen. Seit den 1980er Jahren gibt es einige Vereine, die die Sprache wieder pflegen und Kindern vermitteln. Auch im RomArchive, dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, werden Sprache und Kultur der Sinti und Roma gepflegt.
Wertschätzung von ganz unterschiedlichen Muttersprachen geht damit auch mit Völkerverständnis und Respekt gegenüber anderen Kulturen einher.
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