„Words matter“ ist eine Formulierung (oder gar Forderung), die insbesondere in den USA immer wieder zu hören ist. Eine deutsche Übersetzung ist schwierig. Ich würde „Words matter“ als „Worte machen einen Unterschied“ übersetzen. Gemeint ist, dass Worte wichtig sind und Taten auslösen können. Worte prägen zudem unsere Wahrnehmungs- und Bewertungsschemata.
Lösen Worte Taten aus?
Zuletzt fiel die Formulierung „Words matter“ immer wieder in Zusammenhang mit Donald Trump. Am 6. Januar 2021 sagte der Ex-Präsident in seiner Rede vor dem Kapitol in Washington unter anderem:
“Now it is up to Congress to confront this egregious assault on our democracy. And after this, we’re going to walk down and I’ll be there with you. We’re going to walk down — (APPLAUSE) — we’re going to walk down. Anyone you want, but I think right here, we’re going to walk down to the Capitol — (APPLAUSE) — and we’re going to cheer on our brave senators and congressmen and women, and we’re probably not going to be cheering so much for some of them. (LAUGHTER) Because you’ll never take back our country with weakness. You have to show strength and you have to be strong.”
(Transkript der Washington Post https://www.washingtonpost.com/politics/interactive/2021/annotated-trump-speech-jan-6-capitol/)
„ We’re going to walk down“. Ist dies ein Aufruf zu dem, was später an diesem Tag am Kapitol geschah? Dies haben die Abgeordneten des US-Kongresses während des zweiten Impeachments (Amtsenthebungsverfahrens) gegen Donald Trump zu entscheiden. Dennoch zeigt dieses Beispiel, dass man Worte sehr vorsichtig wählen sollte, da die Interpretation (ungewollte) Taten zur Folge haben kann.
Worte haben Macht
Worte haben Macht und sind unser wichtigster Kommunikationsweg. Sprache ist zudem eng mit unserem Denken verbunden. Sogar unsere Muttersprache beeinflusst, wie wir die Welt sehen. Zudem können Worte verändern, wie wir denken und Wörter können uns unbewusst beeinflussen. Dabei werden wir nicht nur in der Politik oder der Werbung von der Macht der Worte beeinflusst; Worte beeinflussen Tag für Tag, wie wir denken und handeln und sogar was wir wie wahrnehmen und woran wir uns erinnern.
Schon Wilhelm von Humboldt befasste sich mit der Frage, wie eng Sprache und Denken zusammenhängen. In „Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwickelung des Menschengeschlechts“ aus dem Jahr 1836 heißt es:
„Die Sprache ist gleichsam die äußerliche Erscheinung des Geistes der Völker; ihre Sprache ist ihr Geist und ihr Geist ihre Sprache; man kann sich beide nie identisch genug denken.“
(https://www.aphorismen.de/suche?f_thema=Sprache&f_autor=1847_Wilhelm+von+Humboldt)
Sprache und Denken sind eng verbunden
Mit der Frage, wie eng Sprache, Denken und damit auch Handeln zusammenhängen, beschäftigen sich Linguisten, Hirnforscher und Philosophen schon lange. Einige von ihnen vertreten die These, dass Sprache unser Denken bestimmt. Worte prägen damit unser Denken und Handeln. Schon mit dem Erlernen der Muttersprache lernen wie bestimmte Denkmuster, die unser Handeln beeinflussen. Wie Worte uns bewegen, merken wir beispielsweise in einem Roman oder einem Lied, die uns berühren. Worte können verletzten oder uns zu tränen rühren. Oft denken wir über Worte, die wir gelesen, gesagt oder gehört haben noch tagelang nach.
Worte helfen uns dabei, Informationen einzuordnen. Wir bilden im Gehirn Verknüpfungen und Assoziationen. Eine besonders große Macht üben dabei Metaphern aus, die bestimmte Bilder entstehen lassen. Gerade in politischen Debatten können Metaphern sehr wirksam sein – nicht nur als rhetorisches Mittel. Metaphern können Bedeutungen verändern und Handlungen auslösen. Ein Beispiel ist die Metapher des „Kriegs gegen den Terror“, der letztlich zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak geführt hat. Metaphern haben damit die Macht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Bedeutungsunterschiede schon durch kleine Worte
Manchmal können schon kleine Worte wie Artikel unsere Wahrnehmung und wie wir die Welt sehen, beeinflussen. Ein Experiment ergab, dass Muttersprachler des Deutschen Brücken (im Deutschen „die Brücke“) als elegant und friedlich empfinden, spanische Muttersprachler (im Spanischen „el puente“ mit männlichem Artikel) eine Brücke als gewaltig und stark empfinden.
Die Muttersprache kann sogar so grundlegende Dinge wie die räumliche Orientierung prägen. In einigen Sprache gibt es beispielsweise keine Begriffe für „links“ oder „rechts“. Auch die Farbwahrnehmung kann von der Muttersprache geprägt sein. In einigen Sprachen ist beispielsweise das Wort für „grün“ und das Wort für „blau“ gleich. Andere Sprachen hingegen unterscheiden nach verschiedenen Blautönen.
Sprache kann darüber hinaus beeinflussen, an was wir uns erinnern. Muttersprachler des Englischen benennen beispielsweise oft, wer etwas getan hat. Sprecher des Spanischen oder des Japanischen beschreiben oft eher den Vorgang, der Verursacher ist weniger wichtig. Zeitkonzepte sind ebenfalls in einigen Sprachen anders, als wir es aus dem Deutschen gewohnt sind.
Wortwahl reflektieren
Die Macht der Sprache zeigt sich damit in verschiedensten Ausprägungen. Diese Beispiele zeigen, wie sich Sprache auf unsere Wahrnehmung und unser Handeln auswirkt. Daher ist es nicht nur für Menschen in verantwortungsvollen Positionen wichtig, die eigene Wortwahl und wie sich diese auf das Denken und die Wahrnehmung der Zuhörer*innen oder Leser*innen auswirken kann, zu reflektieren. Wir alle sollten unserer Wortwahl mehr Beachtung und Aufmerksamkeit schenken, denn Worte beeinflussen unsere Wahrnehmung und unser Handeln.
Beitragsbild: https://pixabay.com/de/illustrations/geist-gehirn-denkweise-wahrnehmung-544404/